Seit ca.12 Jahren sind Playfellow nun schon aktiv. Angesichts ihres neuen Werks „Ephraim‘s House“, das kurz vor seiner Veröffentlichung steht, haben wir es uns in der Küche des Musikkombinats gemütlich gemacht, über das neue Album geplaudert und das Bestehen der Band revue passieren lassen. Die Platte enthält 5 Songs und wird am 13. November 2015 seinen Release feiern.
Euer neues Album heißt Ephraim´s House, ein ungewöhnlicher Name.
In eurem Pressetext stand, dass euer neues Album eine „Bleibe“ bietet, klingt etwas nach einem Schlussstrich, wie darf man das deuten?
Toni Niemeier: Das ist das Problem mit Pressetexten die andere Leute schreiben. Vermutlich bezieht sich das nur auf den Titel. Ephraims House, bietet ein Fundament und eine Bleibe. Hat aber an sich nichts damit zu tun was wir ursprünglich damit ausdrücken wollten. Das ganze hat einen sehr persönlichen Bezug deshalb hat die Platte eben diesen Namen bekommen.
Das letzte Album Carnival Off ist ca. 5 Jahre her. Warum hat es diesmal etwas länger gedauert?
Toni Niemeier: Es gab ja noch einen Remix von Carnival Off die Platte wurde ja komplett geremixt. Da ging dann doch auch schon etwas Zeit ins Land. Das war auch ein Prozess, irgendwie, das Zusammentragen der Mittel und die Leute zu akquirieren die es braucht. Das ganze natürlich auch zu finanzieren, selber. Wie haben einfach eine Weile gebraucht, weil wir nach der Carnival Off alle mehr oder weniger mit Studium fertig waren und jeder ein bisschen in eine neue Welt gerutscht ist und das ergab dann ein kleines Loch, ein kleines kreatives Loch, aber auch ein kleines Zusammenhaltsloch. Da hatten wir uns auch ein bisschen entfernt voneinander, auf musikalischer Ebene aber nicht unbedingt. Wir wussten eben nicht genau wie es so richtig weiter geht. Was wir jetzt machen. Wir hatten zwar noch Konzerte gespielt aber da auch nicht wirklich viele. Bis wir schließlich an dem Punkt waren wo wir gesagt haben: Ok, wir schließen uns jetzt irgendwo ein und und arbeiten konzentriert an Neuem.
Was habt ihr studiert?
Toni Niemeier: Wir haben eine Juristin in unserer Band. Unser Schlagzeuger ist auch Jurist.
Bestimmt nützlich so jemanden in der Band zu haben oder?
André Dettmann (Keys): Da müssten die sich schon auf Musikrecht oder Urheberrecht verstehen.
Beziehungsweise: Wie kommt man am besten an Konventionalstrafen von Klubs ran. Was muss man in den Technikrider schreiben was am Ende auf jeden Fall verletzt wird. So was eben. Ja und Toni hat Mediatechnik/design oder so was studiert.
Hat euch das ganze in irgendeiner Weise in der Musik geholfen?
Toni Niemeier: Naja, Bildbearbeitung höchstens. Ich kann Internet, so nach dem Motto.
Man sagt eurer Musik nach das sie generell ein bisschen in die melancholische Richtung geht, woran liegt das?
André Dettmann: Das hat sicher etwas mit unserer eigenen musikalischen Bildung zu tun. Die Bands die man als Vorbilder hat.
Die da sind?
André Dettmann: Worauf sich alle einigen können, alle 5 Leute die mitmachen ist sicherlich Radiohead, Portishead. Unser Bassist mag Muse aber Radiohead und Portishead sind so der große gemeinsame Nenner die uns 5 vereinen und dann hat natürlich jeder noch seine eigenen Steckenpferde die teilweise dann auch in ganz andere Richtungen gehen.
Toni Niemeier: Es ist aber auch so das man sich trotzdem irgendwann auch irgendwo findet, musikalisch und das dann einfach so macht wie man es macht. Wir überlegen uns jetzt dabei nicht: So, wir müssen jetzt unbedingt ganz traurig oder happy sein, sondern man macht es einfach und die Musik entsteht dann. Das funktioniert mehr unbewusst. Uns fällt es am einfachsten gemeinschaftlich diese Art Musik zu transportieren.
Was beim hören recht schnell auffällt ist das Abweichen von normalen Songstrukturen. Häufig in Form einer Keildynamik, die über das ganze Lied an Spannung aufbaut und in den letzten paar Sekunden ihren Höhepunkt findet.
André Dettmann: Wir mögen halt ein bisschen Drama was das angeht. Das entsteht aber einfach, es passiert. Wenn man im Jam zu einer Idee spielt gerade diese vielen repetitiven Elemente, da wird viel wiederholt und dann macht man hier ein bisschen mehr und dort mal etwas anders. Das kann man schon ein bisschen als unseren Stil festnageln. Jams können und dürfen auch gerne. Es gibt aber auch genug andere Songs in denen das nicht so ist.
Wie ist der Arbeitsstil in eurer Band, gibt es ein Zugpferd oder wird der Song organisch zusammen erarbeitet?
Toni Niemeier: Eigendlich Zusammen, die kommende Platte ist komplett gejammt. Natürlich kommt immer irgendeiner mit einem Riff an und dann baut sich das alles nach und nach auf. Es passiert, aber es ist relativ selten der Fall, dass ich mit einem fertigen Song ankomme. Das ist glaube ich nur zweimal passiert. Wir arbeiten auch nicht mit einem Produzenten oder so was der uns jetzt sagt: Ihr müsst jetzt um radiotauglich oder erfolgreich zu sein, kürzere oder knackigere Songs machen, was ja heutzutage sehr wichtig ist.
Hab ihr mit so was schon mal Erfahrungen gemacht?
André Dettmann: Nö, das erachten wir nicht als notwendig.
Toni Niemeier: Aber ich kann mir schon gut vorstellen, dass das jetzt bei größeren Produktionen, die einen Produzenten haben der Fall ist, weil darauf geachtet wird, das es immer catchy ist, oder das man je nach Stil natürlich gewisse Längen eben nicht hat. Wenn irgendeine Popband denkt sie müssen jetzt einen 10 Minuten Epos machen, dann würde der Produzent sagen: Damit verspielt ihr es euch vielleicht.
Nun seid ihr ja seit kurzem beim Atomino Tonträger, vorher wart ihr bei Sweet Home Records, wie kam es dazu?
André Dettmann: Zu Sweet Home Records oder Atomino Tonträger?
Sowohl als auch.
André Dettmann: Also Sweet Home Records waren eigentlich Freunde von uns aus Hohenstein die ja selber für sich den Anspruch hatten viel Zeit zu haben und es hieß: Lass uns doch irgendwas für unsere Kumpels machen die auch in vielen Bands zu tun haben, lass uns die Szene ein bisschen pushen und den Bands ein wenig helfen. Und da waren Kumpels von uns bei die haben das eben gemacht, zum Beispiel Mitglieder der Band Radar. Die waren glaube ich die ersten, oder waren es
Calaveras?
Toni Niemeier: Das Ganze ist dann aus Hohenstein nach Chemnitz gekommen und mit einem Schub sind einige Chemnitzer Band dort gelandet.
André Dettmann: Radar oder Calaveras haben angefangen und dann stand unser erstes Album an und es hießt: Da könnt ihr ja auch gleich mit dahin.
Toni Niemeier: Wir haben die Penumbra (das erste Playfellowalbum, 2008) aber später erst dazu getan. Man kannte sich. Es war halt ein Label mit Vertriebsweg. Die haben uns Sachen ermöglicht zur Promo und so was, Releases zu machen und die Pressung zu bezahlen. Man kennt sich auch noch. Einer davon hängt jetzt auch mit beim Atomino Tonträger drin, mehr oder weniger.
Toni Niemeier: Der Atomino Tonträger ist eine sehr familiäre Angelegenheit und hat jetzt nicht viel mit irgendwelchen Knebelverträgen oder so was zu tun. Am Ende ist das eine Plattform, die sich auf die Fahne schreibt, Chemnitzer Musikkultur in irgendeiner Form zu fördern aber nicht das Ziel verfolgt finanziell da irgendwie zu wachsen oder große Gewinne zu erzielen, sondern einfach nur eine Plattform zu bieten. Bands finanziell zu unterstützen, finanziell und über Kontakte oder bei der Organisation der Plattenpressung. Die Platten kommen beim Labeltyp an und der kümmert sich dann um die ganze Verschickung, um den Vertrieb und so was. Das sind Arbeiten die uns abgenommen werden. Und wir sind halt dort mit dem Labelcode/Barcode.
Info: Ein Labelcode ist notwendig um eine Platte im
Presswerk in Auftrag zu geben. Für eine Band ohne
Label ist dies schwer bis unmöglich.
Nehmt ihr in Chemnitz eine Entwicklung in der Musiklandschaft wahr?
André Dettmann: Eigentlich nicht so viel anders als wie vor 8 Jahren oder vor 10 Jahren. Vielleicht sogar im Gegenteil, gefühlt, liegt vielleicht aber auch daran, dass man nicht mehr so umtriebig ist und nicht mehr überall hingeht. Man vermisst die Nachwuchsbands etwas die rausgehen. Das ist aber auch wieder ein subjektives Empfinden und hat vielleicht etwas mit dem Niedergang einer Leitkultur oder der Neuausrichtung einer Leitkultur zu tun. Zum Beispiel kann ich mich daran
erinnern, dass früher ohne glorifizieren zu wollen, schon mehr Interesse da war für Live Musik. Das man ins Atomino gegangen ist oder damals auch zum Schlossteich und dort Livebands gesehen hat und da sind dann auch echt viele Leute gekommen. Aber da ging es eigentlich schon los, dass eigentlich gute, auch internationale Bands gespielt haben, aber immer weniger Leute kamen. Ist aber auch allgemein zunehmend abnehmender der Fall.
Es scheint das durch die Entwertung von Musik an sich durch Spotify und co., Musiker, auch die großen, gezwungen sind besonders durch Liveauftritte ihr Geld zu verdienen. Man bekommt das Gefühl die kleinen Bands werden dadurch etwas vom Markt gedrängt.
André Dettmann: Damit hab ich so ein bisschen meine Probleme, die Argumentation ist mir ein bisschen zu einfach. Für eine Stadt wie Chemnitz haben die großen Bands keine Bedeutung. Nehmen wir Radiohead, als Beispiel, die haben vor 10 Jahren die Größe gehabt die sie auch jetzt haben. Die Verfügbarkeit war die selbe, früher hat man sich halt die CDs gekauft oder hat es sich bei Napster illegal gezogen, es aber trotzdem verteilt wie ein Irrer. Die Musiksammlung ist nur proportional zur Größe der MP3-Player gewachsen. Heute schleppt man auf seinem Telefon 50 GB mit herum, früher waren es 128 MB oder so was, da hat vielleicht ein Album und noch drei andere Songs drauf gepasst. Und die Verfügbarkeit und Allgegenwärtigkeit von Musik hat sich nicht geändert. Das ist immer noch das selbe. Es gab damals große Bands und gibt auch heute noch große Bands. Die kleinen Bands sind trotzdem da. Ich denke halt es ist eher es ist viel tanzbarer geworden alles. Indie ist ja der neue Mainstream, aber weil man ja auch dazu tanzen muss fällt die Musik auch wesentlich tanzbarer aus und ist wesentlich auflegefähiger.
Es ist also eine gewisse Zugänglichkeit Zwang geworden?
André Dettmann: Das könnte man schon so sagen ja. Früher hat man vielleicht bewusster gehört. Das ist aber schwierig zu beurteilen. Es wurde mehr Musik gehört als dazu getanzt, was aber trotzdem nichts bedeuten muss. Die Leute die Spotify nutzen haben halt Zugang zu mehr Musik und sie hören ja auch viel Musik. Das zeigen ja auch die Festivals, die so gut besucht sind wie noch nie, gut vielleicht haben die auch mehr einen Eventcharakter bekommen, da muss man halt hin. Das gehört dazu. Meine Kumpels gehen hin also muss ich auch hin. Aber trotzdem wird ja auch Musik konsumiert und genossen, das sind dann zwar wieder die großen Bands, aber die kleinen Bands haben ja dadurch nichts verloren. Wenn man in einer Stadt wie Chemnitz Livekultur haben will, ist natürlich eine kleine Band genauso willkommen wie eine große Band. Wenn man hier an Livekultur kommen will muss man sich mit kleinen Bands auseinander setzen. Aber das ist halt gefühlt weniger geworden. Trotzdem spielen wahnsinnig viele Bands in Chemnitz. Wenn man jetzt mal das Subway oder das Aaltra her nimmt, die in guten Wochen drei Konzerte spielen das ist ja cool, und es kommen auch Leute und schauen sich das an und veranstalten das. Es ist eben auch eine andere Ausrichtung von Musik die ein bisschen niedlicher ist und kleiner ist, komplizierter sogar einfacher ist. Für die ist es auch schwerer, weil sie in den Klubs wie Weltecho oder Atomino schwerer unterkommen. Liegt aber daran, dass die Clubs irgendwann gemerkt haben, dass die Leute nicht mehr kommen.
Ein schweres Thema. Man fragt sich schon woran es liegt. Andererseits sind die Möglichkeiten sich zu vermarkten besser als je zuvor. Der Aufwand ein Profil auf einer beliebigen Plattform zu erstellen ist nichts gegen das Verteilen von Flyern oder große Plakataktionen.
André Dettmann: Ja, das gibt es nicht mehr.
Toni Niemeier: Das ging ja damals mit MySpace schon los wo schon der erste Stein gelegt wurde, wo Veranstalter danach gingen wie viele Klicks und Likes du hast auf deinem Socialmedia-Profil als Band und danach wirst du gemessen. Danach wird entschieden, book ich die Band oder mach ich es nicht. Wenn dich nur 200 Leute kennen, nur 200 Leuten das gefällt was du machst … . Die Musik könnte ja trotzdem gut sein, aber dann brauch ich die nicht buchen. Das gab es ganz früher nicht. Ohne Handys war alles irgendwie noch echter. Man ist einfach blind ins Atomino gegangen, wusste nicht was los ist und wer spielt. Man hat gelesen: Ah, irgendwas mit Metal. Man ist hin und entweder hat es dich angekotzt oder überzeugt. Heute geht man dann einfach gar nicht erst hin. Man schaut sich das vorher an. Die Band präsentiert sich vielleicht schlechter auf ihrem Profil weil sie davon keine Ahnung haben oder so. Oder sie haben eine scheiß Aufnahmen oder Video spiegelt nicht ihre Leistung wieder. Alles ist sehr transparent geworden was es schwer für kleine Bands macht.
André Dettmann: Richtig, guter Punkt. Und diese Professionalisierung: gutes Bandfoto, gutes Video, gute Plattformpräsenz, das kann eben einfach nicht jeder. Bzw. hat auch niemand Zeit dafür neben seinem Abi, neben seiner Lehre, neben seinem Unistudium oder der Arbeit.
Toni Niemeier: Es ist ja auch eigentlich nicht wichtig, das ist ja das Schlimme, es kommt ja nicht
darauf an was für ein tolles Bandfoto du hast oder was für ein oberkrasses Video du gemacht hast weil du gerade Geld scheißt, sondern es geht ja darum wie du live funktionierst. Das interessiert aber offensichtlich nicht mehr so viele.
André Dettmann: Für den ersten Kontakt ist es wenig.
Man bekommt schon das Gefühl das vom Kreativen heute Sachen abverlangt werden die etwas gegen seine Natur arbeiten. Der Idealfall ist: Ich schaffe jetzt einfach ungestört. Es gab eine Zeit, da haben sich Leute um den ganzen Businessmist gekümmert und der Künstler konnte einfach schaffen ohne sich mit dem ganzen eher abturnenden Sachen zu beschäftigen. Heute fällt das durch die neuen Mittel auf den einzelnen zurück.
André Dettmann: Und das haben die ganzen kleinen Independent-Labels damals auch alle gemacht. Ein Posterdruck war eine gewisse Herausforderung, das ganze musste aber auch nicht super cool, hip und stylisch sein, was es heute schon sein muss um neben anderen zu bestehen. Wenn ich mir das Aaltra-klo von damals vorstelle, wo manchmal 8 Poster hingen. Ob heute mehr abverlangt wird… . Naja du musst dich zwangsläufig, weil du gezwungen wirst deine Präsenz zu gestalten, aktuell halten, immer schön fresh sein, immer neue Infos, immer schön am Ball bleiben, immer schön News bringen und wenn es das Bild von der Toilette ist wo der Drummer gerade drauf sitzt und das ist dann witzig.
Es gibt ja Theorien die besagen das sich durch die Unmittelbarkeit der Musik heute, das Konzept des Albums nach und nach auflösen wird. Das Musiker in Zukunft am laufenden Band nur noch einzelne Songs hochladen.
André Dettmann: Das hat man schon immer gesagt. Wenn ich mich an Led Zeppelin erinnere, die strickt dagegen waren 7inch- Singles raus zu hauen vor ihrem Album, weil sie genau das selbe Argument gebracht haben: Unsere Alben sind Gesamtkunstwerke und Led Zeppelin veröffentlicht keine 7inch-Singles. Das Problem gab es schon immer. Ich glaub das wirst du auch in der populären Musik nicht haben. Du kannst nicht die Leute dazu zwingen Edelfan von zwanzig Bands zu sein die deiner Musikrichtung entsprechen. Es gibt vielleicht 5 Herzensbands wo du das halt so machst. Ich mag zum Beispiel Deichkind aber ich brauch jetzt das Album nicht. Mal einen Song oder so, den ich cool finde aber ich geh da nicht los und kauf mir das ganze Album. Was auch ok ist. Ich nehme den Song mit und muss mich nicht mit der Band und deren gesamter Philosophie was das Albummachen angeht auseinander setzen.
Toni Niemeier: Aber ich finde der Punkt ist auf alle Fälle nicht doof. Es kann schon sein das es irgendwann dazu kommt. Das der Trend dahin geht keine physischen Träger mehr zu machen sonder, ich schieße jetzt jeden Monat einen Song hoch.
Habt ihr diesen Gesamtkunstwerk-Anspruch an eure Musik?
Toni Niemeier: Klar achtet man darauf. Wir machen jetzt kein Video auf Mallorca. Kann man schon machen aber es muss auch zur Musik passen. Die Stimmung muss schon irgendwie eingefangen werden.
Was für Musik hört ihr gerade? Gibt es Künstler oder Entwicklungen die ihr gerade verfolgt?
Toni Niemeier: Na den ganzen alten Scheiß halt. Ich bin da ziemlich festgefahren. Es gibt eine Hand voll Bands dich ich anhöre. Da hör ich mir auch das neue Zeug an aber so flippen tue ich nicht. Das letzte Neue was geil war, war Arcade Fire mit der ersten Platte. Das war das erste mal wieder das ich mir dachte: Woa krass. Und danach eigentlich nicht viel bis auf ein paar einzelne
Lieder hier und da.
André Dettmann: Es geht natürlich dann immer ein bisschen in die Richtung die man schon gewohnt ist. Man hat sich sein Bett gemacht, da kann dann hier und da mal eine Band andocken die in die ähnliche Richtung geht da freut man sich dann. Ich nenne jetzt einfach mal Beach House, die gibt es aber auch schon ewig, passt aber in die selbe Schiene. Man ändert jetzt nicht vollkommen seinen Musikgeschmack. Gibt da auch keinen Grund, es gibt viele Bands wie Beach House.
Toni Niemeier: Man hört ein bisschen mehr Electronic, das hab ich halt früher nie gehört. Das man da mal noch den Zugang gefunden hat.
Erging mir ähnlich. Man muss sich bewusst werden das da auch andere Konzept hinter steht. Das mehr tranceähnliche Wiederholen.
André Dettmann: Und vor allem auch die Hochachtung davor so was zu machen, auch wenn es ja immer als einfach verschrien ist. Die Musik ist zwar sehr simpel meistens aber die Stimmung aufzubauen und eine Geschichte zu erzählen mit einem Elektro-Song der ja auch seine Energien, seine Höhepunkte, seine Pausen und ruhigen Momente hat. Das muss auch auf einer Houseparty über 3 Stunden laufen können. Nichts ist schlimmer als wenn der DJ ne beschissene Geschichte erzählt bei solchen Abenden. Der muss eben auch Pausen einbauen damit sich die Leute ein Getränk holen können und dann auch weiter machen können. Muss man erst mal können.
Es gibt ja zwei Typen Musiker, die einen die immer alles kennen was neu raus kommt und die die so in ihrer eigenen Musik sind, dass sie keine neuen Inputs brauchen und diese sogar als Ablenkung empfinden oder als Verunreinigung der eigenen Kreativität sehen.
Toni Niemeier: Also wenn ich im Albumprozess bin geht es mir auch so, da hör ich mir nur meinen eigenen Scheiß an. Gegenhören und irgendwelche Mixe und so was, da hat man auch keinen Bock auf was anderes.
André Dettmann: Mir ist das mal unterbewusst passiert. Ich hatte irgendeinen Song ziemlich lange angehört, während wir einen Song gemacht haben. Ich hab dann Synthesizer eingebaut und nicht darüber nachgedacht warum ich den jetzt nehme. Ich dachte es passt halt ganz gut und habe irgendwann gemerkt: Oh, das hast du dir jetzt irgendwie mitgenommen von dem anderen Song. Da ist man schon irgendwo beeinflusst.
Ist das auf einem eurer Songs gelandet?
Toni Niemeier: (lacht) Darüber reden wir jetzt nicht.
André Dettmann: Wäre auch egal, es passt ja trotzdem und ist irgendwo schick. Man ist nicht dagegen gefeit, mancher macht das vielleicht sogar bewusst. Es war nichtmal die Melodie, sondern der Klang vom Synthie.
Ja, es wird zwar häufig so getan als wäre das verpönt aber es gibt in der Musik eine rege Adaptionskultur. Im Jazz ist es ganz normal, dass man ein altbekanntes Motiv übernimmt und dann variiert.
André Dettmann: Das entwächst eben auch einer Philosophie, wo wir vorhin bei Portishead waren, wenn man sich die Platten aus den 90ern anhört, wie die aufgenommen und produziert sind, da ist von „dick“ und „fett“ wie man es heute versteht nicht viel übrig, klangmäßig. Da sucht man manchmal Bässe die aber gar nicht mit aufgenommen wurden oder raus produziert wurden. Und so was nimmt man auch immer mit. Eine Klangkultur wie sie heute ist entspricht nicht der wie sie 1990 war. Man nimmt das mit und entwickelt sich mit und will natürlich auch das die Musik fett klingt.
Findet sich auch in den frühen Thrashmetal-Alben die kaum Bass haben.
André Dettmann: Es gab ja auch kaum gute Anlagen auf denen man das gemerkt hätte. Früher war es das Küchenradio oder das Heinzsystem mit eingebauten Plattenspieler auf dem Deckel. Das war legitim so zu produzieren, es klang auf den damaligen Geräten.
Toni Niemeier: In der Vielfalt der Musik die sich in der letzten Jahren entwickelt hat, will sich jeder toppen, lauter und fetter klingen. Wenn du eine bescheidene Produktion hast gehst du schnell unter,im Radio vor allem, wenn der Song ein paar dB leiser ist und dich nicht sofort anspringt.
Hatte ihr einen Moment als Musiker in dem ihr gemerkt habt: Das geht über ein Hobby hinaus.
Toni Niemeier: Klar ist es ein Hobby sonst würden wir nicht arbeiten gehen. Es ist auch eine Leidenschaft. Man investiert sehr viel und vernachlässigt vielen privaten Müll, den man in der Zeit hätte machen können. Aber es gab nie einen speziellen Zeitpunkt. Der Punkt war vielleicht als man sich als Band gefunden hatte, vor ca. 12 Jahren.
Was hatte ihr euch für dieses Album vorgenommen?
André Dettmann: Es war an der Zeit dafür, wir hatten die Songs und die Ideen waren soweit das man sagen kann: Ok, man kann jetzt noch feilen und dann aufnehmen. Und dann wollen wir auf der Tour gute Konzerte spielen, das reicht: Hinfahren, aufbauen, spielen, ein paar Leute bespaßen.
Toni Niemeier: So wenig Miese wie möglich machen.
(lacht)
Schonmal geschafft?
Toni Niemeier: Ja.
André Dettmann: Wir hatte da nie so die Probleme.
Seid ihr je über Fallstricke der Branche gestolpert, unzureichend vorbereitet gewesen oder so?
André Dettmann: Da sind wir eigentlich eine ziemlich geerdete Band. Künstlergebaren trifft äußerst
selten zu.
Toni Niemeier: Zumal wir ja auch sehr viel selber machen. Wir haben eine Bookingagentur die uns Konzerte versorgt.
Wo seid ihr?
Toni Niemeier: Stereopark Agency heißen die, aus Leipzig. Ist nichts Oberbekanntes aber mit denen arbeiten wir schon ein paar Jahre und das läuft ziemlich gut.
Seid ihr Musikern begegnte die übermäßig abgehoben waren?
Toni Niemeier: Klar, das gibt es schon. Man sollte sich halt nicht zu wichtig nehmen. Man ist eine kleine Band und kein Rockstar. Man will einfach nur ein schönes Konzert spielen. Es ist schön wenn es zu essen und zutrinken gibt, wenn es geht noch ne Penne und dann ist man eigentlich auch zufrieden.
André Dettmann: Und die anderen Bands dürfen da machen was sie wollen, wenn sie denken das sie das machen müssen. Solange sie uns damit nicht auf den Sack gehen ist alles gut.
Wollt ihr zum Ende noch etwas los werden?
Toni Niemeier: Es kommt ein neues Video. Wir mussten jetzt ein Video machen zum zweiten Song „our room“ der wahrscheinlich nächste Woche auf irgendeiner Plattform Premiere feiern wird. Das ist unser erstes Video, wir hatte vorher nie eins. Also ein richtiges Musikvideo, wir hatten vorher nur Live-Mitschnitte. Das ist also unser erstes kleines Videobaby. Vielleicht folgen noch welche irgendwann. Es ist ein glücklicher Moment wenn man jemanden gefunden hat, den man gut kennt und der das dann auch ziemlich gut gemach hat. Es kam alles zusammen und hat gepasst. Das wäre alles. Ansonsten Viel Spaß mit dem Album.
von Yannick Fiedler in Interviews