Ich hatte mich vor einigen Wochen mit der Gruppa in ihrem Proberaum getroffen, um mit Thomas und Alexey über die Band und ihr Album zu reden. Was sie erzählt haben könnt ihr im folgenden Interview nachlesen.
Wie war euer musikalischer Werdegang vor Gruppa Karl-Marx-Stadt?
Alexey: Ich erzähle auch von denen die heute nicht mit dabei sind. Da sind noch zwei andere in der Band. Der Stefan, der Schlagzeuger, hatte seinen Ursprung in der Metalszene. Julian, soweit ich weis, war in einer Musikschule und dann im Blasorchester oder?
Thomas: Ja, im Erzgebirge, im Raum Annaberg, Bergmannsorchester und so ein Kram.
Alexey: Der Julian ist der der Posaune, Horn und Bariton spielt. Dann haben Stefan und Julian zusammen Projekte gemacht irgendwelche Funkbands, Bigbands und ähnliches.
Beim mir hat es hier in der Schule angefangen mit Melodies. Das war, oder ist eine Rock n Roll – Coverband. Da waren wir auch ziemlich lange gut unterwegs. Dann während Melodies habe ich Panos gegründet. Anschließend habe ich mit Julian und allen anderen Gruppa Karl-Marx-Stadt ins Leben gerufen.
Thomas: Die Trompete ist seit ganz vielen Jahren mit dabei. Am Anfang mit Blaskapelle und Jugendblasorchester und dann ging vor 10 Jahren ungefähr das mit Calaveras los. Calaveras ist ja auch immer noch am Start. Zwischendrin habe ich verschiedene Sachen gemacht, bissl Ska-punk, dann Bläserquintett, Bigband an der TU Chemnitz, eben alles mitgenommen was so ging. Das ist heute alles nichts mehr, einfach aus Zeit und organisatorischen Gründen. Das einzige was noch besteht ist Calaveras.
Wie seid ihr zur Musik gekommen, wann habt ihr zum Instrument gegriffen?
Alexey: Ich hatte mit acht oder sieben eine Akustikgitarre bekommen und angefangen zu spielen. Warum ist schwierig zusagen. Ich habe damals ganz andere Musik gehört. Das hatte wenig mit Gitarren zu tun. Ich habe „the best from the west“ gehört oder so 90iger Jahre Techno, als Kind halt. Aber mein Bruder hatte Gitarre gespielt und das hat mir damals gefallen, also hab ich´s auch gelernt. Ich stand auf absolut verschiedene Musikrichtungen. Was mir gerade gefiel war vom Alter abhängig.
Thomas: Die Blasorchestergeschichte macht man halt einfach irgendwann.
Was spricht euch zur Zeit an aktueller Musik an, ist da irgendwas was ihr gut findet?
Alexey: Allgemein hab ich früher auf jeden Fall viel mehr Musik gehört als jetzt. Ist einfach so, man hatte mehr Zeit. Aber natürlich geht es nicht ohne. Beim mir ist gerade nicht so viel los. Also ich höre eigentlich schon wirklich viel, jetzt zur Zeit wahrscheinlich Balkan als Hauptmusikrichtung.
Thomas: Nicht unbedingt, aus allen Bereichen gibt es schlechtes und gutes, ich geh auch manchmal ins Sinfoniekonzert, ein bisschen klassische Musik ist auch ganz nett.
Ihr kommt ja vor Gruppa Karl-Marx-Stadt aus unterschiedlichen Bereichen, sind bei euch unterschiedliche Musikermentalitäten aufeinander getroffen, andere Mentalitäten mit anderen Herangehensweisen?
Alexey: Eigentlich nicht, wir sind alle ziemlich ruhige Typen in der Band und das schafft ein gutes Klima.
Thomas: Alexey kannte ich ja vorher schon durch ein anderes Projekt.
Alexey: Thomas hatte damals bei Panos mal auf der Platte mit Trompete eingespielt.
Thomas: Wir haben uns immer mal gesehen bei anderen Sachen, bei Jazzkram und so was. Da hat uns am anderen nichts groß überrascht. Blasmusiker ticken sowieso alle gleich. Bei Julian wusste ich auch wie das läuft und der Schlagzeuger macht halt sein Ding. Dadurch das man schon verschiedene Sachen zusammen gemacht hat, von der klassischen Blasmusik über Ska-punk bis Bigband, ist man eben auch alles gewohnt und kann mit jeder Musik umgehen beziehungsweise sich irgendwie draufziehen. Es war jetzt keine neue Herausforderung gewesen in dem Sinne.
Wie reagieren Leute auf eure Musik, besonders im Hinblick auf eure russischen Texte, neuerdings auch partiell deutsche?
Alexey: Den Leuten gefällt das glaube ich total, die russischen Texte. Sie verstehen die zwar nicht aber irgendwie mögen die Leute das. Ein bisschen wie bei spanischen Lieder mögen die Leute die Aussprache. Obwohl, die neuen Lieder sind irgendwie auf deutsch, da bin ich auch gespannt wie das wird.
Ihr hattet am 23. 1 euer Album Release im Exil.
Alexey: Wir haben erst einmal mit ein bisschen weniger Leuten gerechnet, es waren aber richtig viele da. Wir mussten dann die Leute auch teilweise nach Hause schicken. Leider, aber es ging nicht anders. Es wäre sonst einfach zu überfüllt gewesen. Demzufolge war auch die Stimmung sehr gut. Es waren viele Leute da die uns sehen wollten, mehr kann man nicht verlangen.
Ihr habt auf eurem Album Lieder mit teilweise deutschen Titel aber russischen Texten.
Alexey: Damit es ein bisschen interessant ist. Viele wollen auch wissen worum es geht und wir versuchen das irgendwie extra kurz im Titel zu umschreiben.
Thomas: Es geht auch darum das wir, die wir nicht Russischsprachler sind wissen was gespielt wird.
Wo kann man euer Album erwerben?
Alexey: Es sind 16 Titel und wir haben davon 4 online gestellt damit man mal reinhören kann. Kaufen kann man es im Internet auf unserer Seite oder auf den Livekonzerten.
Ihr hab euer Album im Sonic Music Tonstudio auf der Zwickauer Straße aufgenommen?
Alexey: Ich kannte Karsten bereits, ich hatte dort mit Panos schon aufgenommen. Es gibt viele Gründe sich für ein bestimmtes Studio zu entscheiden. Die anderen aus der Band kannten Karsten nicht. Ich hab da wahrscheinlich mehr rein geredet. (lacht). Ein bisschen Sympathie spielt da eine Rolle denk ich.
Wie ist bei euch der Entstehungsprozess in der Musik?
Alexey: Meistens bringt schon einer die Hauptidee mit. Von mir kommen viele Ideen aber Julian hat auch schon was gemacht. Naja, und dann wird mit allen zusammen im Proberaum dazu gejammt und ausprobiert was passt.
Was hattet ihr euch für das Album vorgenommen?
Thomas: Es sollte gut werden (lacht). Das ist ja im Prinzip die Musik der ersten Stunde die wir aufgenommen haben. Wir hatten vorher schon viel geübt und wollten für das Album, dass es gut kommt, dass wir sicher sind und ein paar Sachen auch bissl anders aufnehmen als wir sie live spielen, weil es einfach auf Platte dann auch anderes klingt beziehungsweise anders wirkt und da haben wir ein paar kleine Veränderungen vorgenommen im Vergleich zum Live Setup.
Was haltet ihr von den Veränderungen in der Musiklandschaft Stichwort Spotify u.ä.?
Thomas: Natürlich ist es anders als vor zwanzig Jahren wo es nur die CD in dem Sinne und die Platten gab. Jetzt gibt es andere Möglichkeiten. Musik ist viel gegenwärtiger und für alle verfügbar. Raubkopien hin oder her. Das war früher so wo die Platten einfach mit dem Kassettenrekorder aufgenommen wurden. Heute bezahlt man oder eben nicht. Das liegt am Gewissen eines jeden einzelnen. Natürlich kann man eine CD kaufen und kopieren aber das ist dann eben nicht das Original. Man hat dann nicht das Cover dazu. Ich würde nicht sagen das es im Vergleich zu früher nachteiliger ist. Es ist durch die globale Situation natürlich komplizierter aber wenn man sich geschickt anstellt, kann man daraus auch Geld ziehen. Spotify ist ja nicht so das die Musiker dadurch ihre Musik verschenken, da wird ja trotzdem eine Vergütung stattfinden.
Viele Leute befürchten jetzt aber das durch diese direkte Dynamik das Album als Konzept wegfällt und Musiker am Band nur noch einzelne Lieder hochladen. Was haltet ihr davon?
Alexey: Ich würde sagen es ist trotzdem sehr wichtig das zu machen, mit CD und Album und Cover, am besten Booklet noch mit rein.
Thomas: Weil es einfach auch eine abgeschlossene Sache ist.
Alexey: Es wir gerade auch immer stärker zum Trend Schallplatten zu drucken, was aufwendiger ist. Man tut Massen Extras mit rein. Die Leute kaufen sowas schon immer noch gerne. Ich bin jetzt selbst kein Schallplattentyp hab´s aber so schon beobachtet. Ich kann mir aber nicht vorstellen das die CD jetzt so schnell stirbt. Irgendwann bestimmt.Aber es ist schon schöner wenn man was in der Hand halten kann.
Was war der Kontext zu eurem Album? Was war der Grundgedanke?
Thomas: Wir wollten einfach ein CD rausbringen, etwas das die Leute mitnehmen können nach dem Konzert und sagen können: Coole Sache jetzt haben wir was. Einfach um das auch für uns festhalten können.
Alexey: Wir hatten keine tiefgründigen Gedanken gehabt. Wir haben versucht soviel Lieder wie möglich aufzunehmen und die besten haben wir aufs Album gepackt.
Wie nehmt ihr den Wandel in der Chemnitzer Musikszene war?
Thomas: Leute gehen weg und kommen wieder hinzu. Der Proberaummangel ist auch nicht schlechter als anderswo. Die Szene ist sehr überschaubar, im Prinzip kennt jeder jeden. Ist alles sehr Lokal, die Clubs und die Proberäume in der Innenstadt.
Hat die Zentralität des Proberaumhauses für euch Vorteile? Bekommt ihr schneller Kontakt zu anderen Bands?
Alexey: Also hier im Haus ist es glaub ich nicht so das die Bands miteinander viel zu tun haben.
Thomas: Dafür gibt es auch nicht so viele Gründe.
Alexey: Es gab ein paar mal Grillfest vom BBC aus aber ich musste immer arbeiten. Man nimmt auch häufig viel Zeit zum Proben in Anspruch. Zwischen 16 und 22, als man so alt war hat man noch viel im Proberaum rumgesessen und mit Leuten was gemacht. Jetzt kommt man in den Proberaum, probt und geht dann nach Hause.
Thomas: Es ist nicht mehr so ein Partyraum in dem Sinn.
Alexey: Also früher war das schon echt oft der Fall. Jedes Wochenende wurde im Proberaum irgendwas gefeiert, auch Jamsession oder so. Aber das geht einfach irgendwann nicht mehr. Man wird älter und hat vielleicht Familie.
Thomas: Das machen dann viele Bands. Die großen Proberaumaufenthalte sind dann nicht mehr zu beobachten. Wenn man in mehreren Bands im selben Haus ist hat man kurze Wege. Das ist ein Vorteil wegen dem Equipment. Man packt seinen Krempel und zieht um.
Ihr werdet ja auch ein bisschen als multikulturelle Band gesehen. Was haltet ihr von den Deutsch-Russischen-Spannungen?
Alexey: Ja, das ist ja Politik ich hab damit selbst nichts zu tun. Für mich sind die Leute überall Leute: Deutsche, Ukrainische, Russische. Ich hab kein Hass auf jemanden nur weil es in der Politik irgendwelche Probleme gibt.
Mit diesem schönen abschließenden Statement bedanken wir uns bei Alexey und Thomas die stellvertretend für Gruppa Karl-Marx-Stadt dieses Interview mit uns gemacht haben.
von Yannick Fiedler in Interviews