Was war da denn los, im Chemnitz des Ostens? Bemaskte Bandmember, Blutrausch der 4.Macht und ein Gepardenfellmantel!? Für den Raper Maarkant und seine Crew muss es ein verdammtes Träumchen gewesen sein, erst die neue EP „7DREIACHTEL“ und jetzt auch noch sowas. Eine Woche ist es her, Zeit für einen kleinen Rückblick.
Das Atomino veranstaltete am Samstag den 22.11. nun schon zum siebten Mal in Zusammenarbeit mit dem Bandbüro Chemnitz sowie Radio T den Atomaward und hält einmal mehr den begehrten Wanderpokal in Bewegung. Fünf Bands, mit je 3 Songs und einem Videoclip im Gepäck, durften sich vor den Augen des Publikums und der Jury im ehemaligen Puppentheater beweisen.
Mit dabei waren diesmal: Der Raper Maarkant, die Metalband Ruined Faces, We are Kulturkampf (die zu definieren man sich sparen kann), die elektronischen Klänge lieferten Godstep mit viel rotzigem Bass und schließlich Fritzrock von der Band Fritz Pauli (Spoiler: dem Publikumsliebling).
Kaum angekommen gerät man promt an den „unvermeidbaren Typen“, ja genau, der der einem schon vor dem ersten Ton erklären will, und es dann auch tut, wie scheiße die Kacke doch ist und das man sein Geld doch hätte viel besser anlegen können. Man weis doch genau was zutun ist und reagiert jedes verdammte Mal falsch. Eilig Nicken und sich abgestoßen wortkarg geben funktioniert nie. Wieso auch? Es wird keinen Angetrunkenen, der übrigens verblüffend dem Sänger von Kraftklub ähnelte, davon abhalten jeden Furtzgedanken in den Äther zu scheißen und dort, ist leider auch immer noch Platz für etwas mehr. Deshalb: Nicht zögern, dem Redner hemmungslos ins Wort fallen und seinen Redefluss augenblicklich mit der detailierten Ausführung einer Maagenverkleinerungs – OP unterbrechen, den Eindruck erweckend man wolle garnicht mehr aufhören.
Ein paar verwirrte Voransagen des Moderators später ging es los. Es lag nicht allein am undankbaren ersten Slot den die Metaler von Ruined Faces zu füllen hatten, mit der Aufgabe die träge Aufmerksamkeit des Publikums auf die Bühne zu lenken. Wo sich sonst in fast jeder Crowd mindestens vier Leute finden die ohne Rücksicht auf Verluste die Mähne schwingen, schien es diesmal zu mehr als einem Kopfnicken nicht gereicht zu haben. Vielleicht war der eine oder andere im Publikums mit Bedeutungsebenen von Texten wie „Blutrausch der 4.Macht“ auch ganz einfach überfordert. Dann waren da auch noch die dubiose Toleranzstatements, Seitenwinke auf das Nichteinverstandensein mit den ausländerfeindlichen Demos die am selben Tag in Chemnitz stattfanden. Zwar gut gemeint wirken solche Kommentare leider nur all zu häufig unbeholfen und deplatziert. Sie werden dem Thema selten gerecht. Das, muss wohl auch den Kulturkämpfern aufgefallen sein die dem Ganzen im Anschluss mit einem noch unbeholfener, noch deplatzierter anmutendem Statement immerhin ein paar Schmunzler abgewinnen konnten.
Es gibt einfach Live-Situationen die jedem schon einmal untergekommen sind. Mit wachsender Stimmung steigt der Anteil verdächtig duftender Schwaden über und in den Köpfen, vermengt sich mit dem Nebel der einem von der Bühne entgegen schlägt. Und dann, ist da auch noch der kahlköpfige Mann mit Gepardenfellmantel der einem aus dem Dunst Nietzschezitate entgegen ruft.
Nein, das war kein Rave, nur der ganz normalen Wahnsinn der Band We are Kulturkampf.
Man musste nur in die Runde schauen um einstimmig die „So-abgefuckt-das-es schon-wieder-geil-ist-Grimasse“ zu sehen die man wahrscheinlich selbst gerade im Gesicht trug.
Einen der absoluten Höhepunkte des Abends stellte ohne Zweifel der Auftritt von Maarkant dar. Es hatte wohl jeden etwas überrascht sich auf einmal einem national bekannten Musiker gegenüber zu sehen, der sich durch Zufall nach Chemnitz verirrt hatte. Eben dieser Eindruck drängte sich nach wenigen Sekunden Show durch eine Souveränität und Präsenz auf, wie man sie nur selten erlebt. An dieser Stelle möchte ich auf den einmaligen Sound hinweisen für den, wie schon die vergangenen Jahre, Hilmar Habrom (Larox) die Finger an den Reglern hatte. Mit frischen Songs von der neuen EP, die sich auch genau so anhörten, mitsingbaren Hooks und einem Remix der in die Beine fuhr, konnten Maarkant und seine Crew auf ganzer Linie abräumen und ließen es sich nicht nehmen am Ende eigenhändig die Menge aufzumoshen.
Ab da an gab es nur noch eins: Gnadenlose Bässe von Godstep, die sich durch Verzicht auf Songabgrenzungen und Pausen in einem Tieffrequenzklumpen manifestierten, der endlich den antanzbaren Sound lieferte, den sich viele gegen Ende doch noch erhofft haben. Rotzige Bässe und wobbernde Drops die genug Druck machten, dass man sich nach der Show Welpen aus den Ohren puhlen musste. Da brauchen wir jetzt nicht groß drum herrum reden. Wer nicht da war hat einen gelungenen Abend verpasst und sollte sich schon mal für nächstes Jahr ein dickes Kreuz im Kalender machen. Bis dahin.
von Yannick Fiedler in AtomAward