Wir haben uns in der kleinen verrauchten Küche der ehemaligen Karlliebknechtschule, jetzt Musikkombinat niedergelassen. Die beiden Rapper Jokezz und Maarkant sind mit Kaffee und Zigaretten versorgt und das Interview kann nach kurzer Verzögerung endlich beginnen. Auf den ersten Blick fällt das Fehlen jeglicher Szeneklischees auf, beide wirken stattdessen fokusiert, sich selbst und ihrer Musik sicher. Der erste Eindruck täuscht ja bekanntlich selten.
Maarkant produziert, rappt, und probt im eigenen Studio. Sein erstes Soloalbum trägt den Name „On the Rocks“, erschien 2012 und ist in kompletter Eigenregie entstanden. Noch im selben Jahr gründete er das gleichnamige Label OTRM. Bestehend aus den beiden Rappern Jokezz und Maarkant, ergänzt um DJ Cave ist On the Rocks Music mittlerweile ein fester Bestandteil der chemnitzer Rapszene geworden und kaum noch wegzudenken. Rückendeckung bekommen sie dabei des öfteren von MRS Female Rap, dem weiblichen Rapduo. Kennengelernt haben sich Maarkant und Jokezz unter doch ungewöhnlichen Umständen, am wohl letzen Ort der einem als Startpunkt einer Rapkarriere einfallen würde: Im Nichtschwimmerkurs der Grundschule.
Im Herbst ist es dann wieder soweit. Die neue EP erscheint und eine Tour mit frischem Material, um Chemnitz und Umgebung mit Sound zu versorgen, lässt nicht lange auf sich warten. Das sie auch live ordendlich einheizen können haben die Jungs von OTRM schon mehrfach bewiesen, so unter anderem 2012 als Voract von Prinzp Pi im AJZ. On the Rocks Music liefert hochprozentigen Rap der ordenlich im Rachen brennt und das Eis im Whiskyglas zum klirren bringt.
Was bedeutet OTRM, wofür steht eure Musik und wie ist das Label entstanden?
Maarkant: On The Rocks Musik gibt es seit 2010. Vorher war ich alleine unterwegs, hatte etliche Crews. Irgendwann ging mir das aber alles auf den Sack. Ich hab mir gesagt, du muss jetzt alleine Musik machen. OTRM war damals nur eine Person. Warum ich mich und meine Crew On the Rock Musik genannt habe ist eigendlich recht einfach, weil sich der Sound nach Whisky, altem Rauch und kalten Proberäumen angehört hat (beide lachen) und das eigendlich auch recht gut zu uns passt, da wir mittlerweile ja zwei Mann sind und uns im Stil auch ähneln. Wir sind jetzt eben nicht so die Ruhigen. Es muss trotzdem auf die Fresse geben, im übertragenen Sinne natürlich. Wir haben eben diesen raffen Sound. Das ist auch eigendlich unser Merkmal, es gibt viele in Chemnitz die…
Jokezz: …die diese Untergrundschiene fahren. Eigendlich genau das, wovon wir uns abheben wollen. Rap machen der schon cool und raff, aber auch für jedermann zugänglich ist. So das auch jeder der eigendlich nichts mit Hiphop am Hut hat sagen kann: Das ist geil.
Maarkant: Uns zeichnet vorallem aus, dass wir noch sehr eng und auf persönlicher Ebene miteinander Arbeiten. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Die meisten Rapper lassen sich von Produzenten irgendwelche Beats zuschicken, treten aber nie mit ihnen in Kontakt. Bei uns hat sich der Arbeitsablauf mit der Zeit immer weiter verdichtet. DJ Cave scratcht und legt auf, Jokezz und ich basteln an den Beats, rappen dann drauf und ich produziere das ganze. Eben noch Handarbeit.
Aus welchen Gründen hast du dich von deinen anderen Crews getrennt?
Maarkant: Die anderen Jungs haben sich fast alle dafür entschieden zu studiernen und hatten dann für Rap keine Zeit mehr. Ich hatte Zeit und wollte rappen. Die haben sich dann einfach irgendwann nicht mehr gemeldet. Ich bin nach Chemnitz gezogen und hab mir in meinem Zimmer, meinem “Männerzimmer”, ein kleines Studio aufgebaut. Dann hab ich das nach und nach vergrößert, der Sound wurde besser. Irgendwann kam dann das Bandbüro und das gab uns dann den Anstoß den Schritt „vom Kleiderschrank zum Studio“, wie man so sagt, zu machen.
Die Liste der Musiker mit denen du zusammengearbeitet hast, die du produziert und recorded hast ist mit der Zeit auf ein ziehmlich großes Maß angewachsen. Du sagst selbst, dass du offen dafür bist anderen Aufnahmemöglichkeiten zur Verfühgung zu stellen? Liegt das daran das du früher selbst den Mangel an solchen Möglichkeiten erfahren hast?
Maarkant: Klar ich wollte früher öfters einfach mal unkompliziert in ein Studio gehen und einen 16ner einrappen. Was aber gleich mal 150€ gekostet hätte. Das war mir zu teuer, dann kann ich das auch selber machen, was ich ja am Ende auch mehr oder weniger getan habe. Und ich will damit auch irgendwie den Chemnitzer Leuten helfen.
Jokezz: Besonders hinderlich war die schlechte Qualität mit der man am Anfang gezwungen ist zu arbeiten. Die ersten Songs die ich gemacht habe konnte ich niemandem zeigen. (lacht)
Hatte der Wegzug des Splash die chemnitzer Rap Szene geschwächt?
Maarkant: Nein das war eigendlich schon immer so, das Ansehen der chemnitzer Rapper ist etwas gewachsen. Wenn man gegenüber Rappern aus anderen Städten erwähnt das man aus Chemnitz kommt, bekommt man mehr Respekt als viele erwarten würden. Die chemnitzer Rapsszene ist nach wie vor sehr klein und hat teils einen Stock im Arsch. Die Leute mit denen ich zutun habe kann ich an einer Hand abzählen.
Was haltet ihr davon das sich Rap in den vergangenen Jahren anderen Musikrichtungen weiter geöffnet hat? In welche Richtung wird sich Rap in Zukunft entwickeln?
Jokezz: Ich hab da meine eigene Theorie. Wenn man sich die aktuelle Musik anguckt und mit der von vor 20 Jahren vergleicht, bekommt man das Gefühl, dass wir uns im Kreis bewegen. Die Phase die wir jetzt haben, in der sehr viele Acts Stimmungs und Spaßmusik machen zu der man auch feiern kann, die gab es auch schon mit den Fantastischen Vier, Jan Delay und Fettes Brot. Musik die Spaß macht eben. Deutscher Hiphop war noch nie so erfolgreich wie zur Zeit und sicher wird es auch wieder Phasen geben, in denen harter Gangsterrap oder was anderes angesagt ist.
Maarkant: Was für uns ja nicht so gut wäre, für sowas fehlt uns der nötige Background (lacht)
Wie seid ihr zur analogen und digitalen Musikproduktion eingestellt, für viele Musiker ein kontroverses Thema, für euch auch?
Maarkant: Wir arbeiten mit beidem. Das man die meisten Funktionen heute unkompliziert als Plugins nutzen kann spart viel Zeit und Aufwand. Wir spielen aber immernoch viele Instrumente im Studio ein und verzichten auch mal auf Soundkonserven. Auch wenn die Plugins immer besser werden und man auf immer umfangreichere Samplebibliotheken zugreifen kann macht es einfach mehr Spaß Gitarren live einzuspielen und vorallem mit anderen Musikern zu interagieren mit denen man normalerweise nicht in Berührung kommen würde. Das trägt ungemein zum Workflow bei.
Was hat euch dazu gebracht eine VBT Qualifikation zu machen?
Maarkant: Wir haben Duese beim Quali-track fürs VBT unterstützt einfach weil wir Bock drauf hatten. Der Beat war geil und wir wollten rappen. Von uns zwein (Jokezz und Maarkant) hat keiner einen großartigen Bezug zum VBT und zu JBB schon garnicht. Das sind auch sehr familiäre und nach außen abgeschlossene Gruppen.
Jokezz: Da kommt man als Newcomer nur ganz schwer rein. Wir haben das ganze aber auch nicht sonderlich ernst genommen. Wenn man sich den Track anhört bekommt man schnell mit, dass wir uns über viele Aspekte und das VBT an sich lustig machen.
Maarkant, du arbeitest geraden an neuem eigenen Material um im Herbst auf Tour gehen zu können, in welche Richtung wird es aus musikalischer Sicht diesmal gehen?
Maarkant: Meine neue Ep wird sehr viel mehr Musik beinhalten zu der die Leute mit dem Kopf nicken können. Auf meinem ersten Album “On the Rocks” waren dagegen noch viele gefühlvollere langsame Songs vorhanden. Jokezz bringt ungefähr zeitgleich zu mir seine Ep raus und ist auf meinem Album mit einem Feature vertreten. Wir wollen eine gemütliche Tour im Chemnitzer Umland und werden dem anderen als Backup den Rücken freihalten.
Vielen Dank an Jokezz und Maarkant für das interessante Interview und den Vorgeschmack auf die Ende Herbst erscheinende Rap-EP „7DREIACHTEL“.
von Yannick Fiedler in Interviews