Wir befinden uns in den neuen Räumlichkeiten des Larox-Tonstudios im Musikkombinat, dem Reich von Hilmar Habrom. Der Umzug ist seit vergangenem Jahr abgeschlossen und alles sieht bereit und unverbraucht aus – lechzt danach benutzt zu werden.
Zur Musik fand Hilmar, Produzent und Gitarrist der Band Radar, wie viele andere über den klassischen Weg: Viel Musik, viel Leidenschaft und eine Gitarre. „Wir interessierten uns damals für Thrashmetal mussten uns aber, mangels der nötigen Fähigkeiten, erst einmal auf Punk verlegen. Wir waren ja alle Autodidakten“, erzählt er und schmunzelt. „Später kam dann Hardcore auf, in all seinen Auswüchsen die sich damals gerade erst in der Entstehungsphase befanden.“ Neugier und der Reiz an Herausforderungen führte ihn und seine Band noch weiter zu Ausflügen in progressive Gefilde die auch elektronische Einflüssen zuließen. Witzig jedoch ist, dass sich einige Dinge im Leben eines Musikers nie zu ändern scheinen. Proberäume sind heute wie damals ein Problem. „Ich habe bestimmt in meiner Zeit über zwanzig Räume verschlissen. Da war alles mit dabei. Bis hin zu Kellern in denen uns bei Regen das Wasser zu den Knien stand. Proberäume waren in meiner Heimatstadt sehr rar gesät.“
Die Anfänge waren wie so oft klein. Seit den ersten mit 4-Spur-Tape-Recorder selbst gemachten Demos, nutzt Hilmar jede Gelegenheit sein Wissen als Musiker und Produzent zu erweitern. „Wenn ich mir die Demos heute anhöre, bin ich dennoch erstaunt, dass man mit den Geräten recht solide Sachen zusammen basteln konnte.“
Das eine Existenz als Musiker wesentlich schwieriger geworden ist sollte niemanden mehr überraschen. Konnte man sich früher auch mit Weniger durchschlagen, muss man heute ein maximales Einkommen anstreben um überhaupt über die Runden zu kommen und selbst dann reicht es nur in den seltensten Fällen. Für die Musikkultur ist diese Entwicklung reines Gift. Besonders Nischenkünstler die experimentelle Musik für den Underground machen leiden darunter.
Hilmar weiß wovon er spricht, ist er doch mit seiner Band in Spanien von einer Strandbar zu nächsten getingelt. Mangel an Auftrittsmöglichkeiten gab es kaum. „Zu dieser Zeit war das absolut normal“, sagt er, „es gab immer genügend Gigs.“ Für heutige Amateurbands nur noch schwer vorstellbar.
„Die Musikszene aber auch die Gesellschaft müssen wieder zu einem offenerem Umgang finden, in dem genügend Freiraum existiert experimentieren zu können und man den Mut neues auszuprobieren nicht sofort mit finanziellem Notstand bezahlt.“ Danach richtet sich Hilmar auch bei der Arbeit im Studio. Preise sind im Larox immer abhängig von der Situation der Künstler und oftmals Verhandlungssache.
Das Larox haben in den letzten Jahren viele lokale Größen von innen gesehen. Bands wie Playfellow, Calaveras, Mad-X-Ray und Iguana werden für die meisten Chemnitzer keine Unbekannten sein. Aber auch Kraftklub die mittlerweile weit über die Grenzen von Chemnitz hinaus bekannt sind, haben ihr Debüt „Adonis Maximus“ unter der Leitung von Hilmar Habrom produziert. „Mir ist es wichtig die Leute mit denen ich arbeite musikalisch kennen zu lernen um im Laufe der Produktion die richtigen Impulse geben zu können. Man muss den eigenen Arbeitsstil mit den Musikern abstimmen sonst läuft man Gefahr aneinander vorbei zureden. In jeder Gruppe gibt es eine ganz individuelle Dynamik. Da braucht es Einfühlungsvermögen. Mich Reizen vor allem Herausforderungen die durch musikalisch Vielfalt entstehen. Dabei bin ich allem voran trotzdem noch Dienstleister und erfülle natürlich die Wünsche der Kunden. Künstlerisch betrachtet will ich aber dennoch den Charakter des Künstlers so gut es geht fördern und möglichst keinen Standartsoßensound.“
In Zeiten von iTunes, Amazon und Cloud-MP3 hat die Schallplatte ein Comeback gefeiert. Aus Hilmar´s Sicht hat das vor allem damit zu tun, dass man eine Beziehung zu diesem fast vergessenen Format aufbauen kann. „Platten sind ein langsames Medium. Das umständlichkeitbedingte Ritual und das damit verbundene, bewusste Hörerlebnis scheint in der Schnelllebigkeit von MP3´s und Internet leider verloren zu gehen. Aber seien wir ehrlich, das Knistern der Platte hat schon seinen eigenen Charme und passt nahezu zu jeder Musikrichtung.“ Eine Schallplatte ist etwas zum Anfassen. Sie ist speziell und damit zu etwas besonderem geworden.
Städte, die weit ab von der Schnelllebigkeit Berlins, Hamburgs oder Münchens liegen, gelten oft als nicht geeignet, um musikalisch erfolgreich zu werden. Besonders in Chemnitz wollen diese Stimmen nicht abbrechen. Dabei spricht, laut Hilmar, einiges gegen diesen Tenor. „Die Provinz kann auch als Schutz vor Ausbeutung und Identitätsverlust dienen, denen besonders in großen Städten immer mehr Künstler erliegen. Viele junge Musiker mit Talent verspielen auf der Suche nach besseren Chancen trauriger Weise eben genau diese, was zu einem Abgleiten in alleinig marktorientierte Interessen führen kann. Die Möglichkeit gerade als junge Band innerhalb eines sicheren Umfeldes zu wachsen und von der familiären, facettenreichen Szene zu profitieren ist in Chemnitz vielleicht sogar eher gegeben.“
In Hilmar´s Studio kann man diesen beschriebenen Charakter genau spüren. Ein familiäres Wohlfühlumfeld, in dem man das Beste für seine Songs und Produktionen herausholen kann. Larox ist ein zu Hause für Hand und mit Herz gemachter Musik.
von Yannick Fiedler in Blog